Nach zweijähriger Pause konnte der Ostermarsch am 18. April 2022 endlich wieder stattfinden. Hier findet ihr die Redebeiträge unserer drei Redner*innen, sowie ein paar Fotos des Anlasses.
Für die musikalische Begleitung sorgte das Tzupati Orchestra.
Vielen Dank an alle, die gestern mit dabei waren und gemeinsam ein Zeichen für den Frieden gesetzt haben!
Fotos
Herzlichen Dank an Klaus Petrus für die Fotos!
Rede Carola Rackete, politische Aktivistin
Wir alle sind hier, weil wir uns Frieden wünschen statt Krieg. Zusammenarbeit statt Aggression. Zugang zu Hilfe für Menschen in Not und Bewegungsfreiheit statt Abschottung und Militarisierung.
Beim traditionellen Ostermarsch für Frieden und Entmilitarisierung müssen wir uns bewusst sein, dass die EU Grenzschutzagentur Frontex seit Jahren immer weiter militarisiert wird. Das Budget stieg von 6 Millionen im Jahr 2005 auf 1,2 Milliarden bis 2027. Das heisst: mehr Waffen, Drohnen, Überwachungstechnologie. Europa wird als Festung ausgebaut. Menschen, die vor russischen Bomben aus Syrien fliehen, Menschen aus Konflikten ausserhalb Europas, werden mit Gewalt an der Grenze von Frontex abgefangen und vor die Tür gesetzt. Das entspricht nicht den Werten Europas.
Am 15. Mai, in weniger als einem Monat, hat die Stimmbevölkerung der Schweiz die Möglichkeit, über die Militarisierung und den Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex abzustimmen. Nutzen Sie diese Chance und mobilisieren Sie in der Gesamtbevölkerung gegen die tödliche Abschottungspolitik. Diese wird massgeblich von Frontex geprägt und von der Schweiz mit Geld und Personal unterstützt. Schaut dieser Militarisierung nicht mehr tatenlos zu und werdet aktiv – auch über den 15. Mai hinaus!
Noch vor wenigen Jahren wusste ich fast nichts über Frontex, die europäische Grenz- und Küstenwache. Doch mittlerweile vergeht kaum eine Woche ohne einen neuen Skandal über Frontex und sein Management. Vor knapp 2 Jahren habe ich daher mit Freunden beschlossen ein Netzwerk gegen Frontex zu gründen, das mittlerweile 115 Gruppen aus Europa und darüber hinaus mittragen. Auch die Gruppe NoFrontex aus der Schweiz ist Teil davon.
Die Liste der Skandale und der Rechtsverletzungen um Frontex ist lang:
Es ist ein Skandal, dass Frontex in den letzten Jahren keinen einzigen Euro in Rettungsschiffe investiert hat, aber 100 Millionen Euro in Luftüberwachung.
Es ist ein Skandal, dass Frontex direkt über Whatsapp mit libyschen Milizen kommuniziert, die Menschen in Seenot direkt in Haftlager zurückschleppen, wo sie schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Zivile europäische Rettungsschiffe werden von Frontex meist gar nicht informiert.
Es ist ein Skandal, dass auf dem Balkan und an der Griechisch-Türkischen Grenze Menschen immer wieder verprügelt, misshandelt, beraubt und illegal in die Türkei rückgeführt werden, wenn sie in Europa nach Schutz suchen.
Es ist ein Skandal, dass Frontex dieses illegale Verhalten nicht verhindert und auch nicht aufarbeitet. Im Gegenteil: die Chefs von Frontex vertuschen die Menschenrechtsverletzung und erschweren die Ermittlungen. Sogar die EU-Antikorruptionsbehörde OLAF hat gegen Frontex ermittelt und dabei schwere Anschuldigungen gegen Frontex Chef Leggeri und weitere Beamte erhebt.
Es ist ein Skandal, dass Frontex die besondere Verantwortung für Schutzsuchende Menschen nicht wahrnimmt, denn europäische Agenturen und Behörden müssten doch insbesondere mit diesen Menschen besonders sorgfältig, demokratisch, transparent und korrekt sein.
Wenn sie nun auch schockiert sind und sich fragen: was können wir tun, dann stimmen Sie am 15.5. mit NEIN zum Frontex Budget. Die Schweiz ist mitverantwortlich! Die Schweiz unterstützt Frontex als Schengen-Mitglied seit 2009 finanziell und personell. Der Nationalrat hat der Verdreifachung des Budgets bis 2027 zugestimmt. Auch sollen immer mehr Grenzbeamt*innen aus der Schweiz in Frontex-Missionen eingesetzt werden. Damit trägt die Schweiz beträchtlich zum gewaltvollen Abschottungsregime der EU bei. Das ist umso zynischer, denn die Schweiz ist als Heimat für Rohstofffirmen, internationaler Bankenplatz und Waffenfabriken Mitverursacherin von Aggression und Krieg und Mitverantwortlich für die globale Ausbeutung von Mensch und Natur.
Aufgrund des Missmanagements bei Frontex hat auch die EU das Budget von Frontex nicht bewilligt und immer mehr Gruppen organisieren sich gegen Frontex und die tödliche Abschottungspolitik, die in den letzten Jahren über 44.000 Menschen das Leben gekostet hat. Eine andere Migrationspolitik ist nötig und sie ist möglich! Das Bündnis NoFrontex fordert legale und sichere Flucht- und Migrationsrouten. Es braucht eine gerechte und solidarische Praxis im Umgang mit Migration. Wir fordern ein Ende der Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht. Um globale Gerechtigkeit zu erreichen, müssen wir Gleichberechtigung und Bewegungsfreiheit für alle schaffen. Wir müssen Menschen schützen, nicht Grenzen.
Wir sind überzeugt: eine solidarische Migrationspolitik ist möglich. Bereits jetzt wird aus der Zivilgesellschaft viel unternommen: Migrant*innen setzen sich täglich über die Abschottungspolitik hinweg, zivile Seenotrettung setzt sich dem Sterbenlassen auf dem Mittelmeer entgegen, solidarische Städte organisieren sich, vehemente Gemeinschaften leisten Widerstand. Es ist unglaublich wichtig, dass auch Sie dazugehören! Die Verantwortung aber liegt auch in der Politik, in Brüssel sowie hier in Bern. Und genau dafür liefert das Referendum eine Möglichkeit: Denn die Rechnung ist einfach: Kein Geld für Menschenrechtsverletzungen, kein Geld für Frontex.
Definieren Sie mit uns die Zukunft von Europa. Insistieren Sie mit uns für die Einhaltung der Menschenrechte. Wenden Sie sich gegen die Militarisierung der Grenzen. Gegen Korruption und Willkür von Behörden. Fordern Sie mit uns globale Gerechtigkeit, Bewegungsfreiheit und Gleichberechtigung. Fordern Sie mit uns Sicherheit für alle Menschen, weltweit. Vergessen Sie nicht: ALL das gibt es nur ohne Frontex.
Rede Andrea Nagel, Geschäftsführerin feministische Friedensorganisation cfd
Liebe Demonstrierende hier auf dem Münsterplatz in Bern
Am 24. Februar 2022 wurde die Ukraine angegriffen. Dieser jüngste Krieg in Europa führt uns in aller Deutlichkeit und Brutalität vor, dass bewaffnete Konflikte unsägliches Leid und sinnlose Zerstörung verursachen. Jeder Tag Krieg ist einer zu viel!
Als feministische Friedensorganisation engagiert sich der cfd aktiv gegen direkte physische, kulturelle und strukturelle Gewalt. Wir rufen alle Kriegsparteien auf, die Gewalt sofort zu stoppen. Auch wenn die mediale Aufmerksamkeit fast ausschliesslich beim Krieg in der Ukraine ist: Auch in Gaza, Syrien, Somalia und im Jemen werden schwere Luftangriffe und Gewalt gegen zivile Ziele verübt.
Die Schweizer Zivilgesellschaft ruft seit langem zu einer verstärkten zivilen Friedensförderung und gegen den Export von Kriegsmaterial auf. Im Jahr 2020 hat die Schweiz Waffen im Wert von mindestens 900 Millionen Franken in über 60 Länder exportiert, ein absoluter Rekord. Parallel zum weltweit zunehmenden Geschäft mit Waffen und Kriegsmaterial beobachten wir eine Zunahme kriegerischer Rhetorik, die eine militaristische und patriarchale Haltung auf internationaler und nationaler Ebene fördert. Sie dient dazu, Gewalt zu legitimieren und Militär-Ausgaben weiter zu erhöhen. Frieden und Friedensbemühungen werden durch Investitionen in und Handel mit Waffen und Kriegsmaterial und durch einen militaristischen Diskurs unterlaufen und sabotiert. Waffen schaffen Krieg statt Frieden.
Zur Brutalität dieses Krieges gehören die Bilder und Situationen von Rassismus und Sexismus: Queer und rassifizierte Menschen oder Menschen ohne ukrainischen Pass, die aus der Ukraine fliehen, werden daran gehindert, die Grenzen sicher zu passieren.
Zudem werden sie, wenn sie ein sicheres Reiseziel erreichen, nicht in gleicher Weise willkommen geheissen. In der Schweiz können Personen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen und keinen ukrainischen Pass besitzen, nicht vom «Statut S» profitieren: beispielsweise Geflüchtete oder Asylbewerber*innen in der Ukraine, Personen ohne Staatsangehörigkeit, Niedergelassene, ausländische Studierende, usw. Die Schweiz steht damit nicht im Einklang mit der europäischen Union, die garantiert, dass die Grenzen für alle Personen geöffnet werden, die aus der Ukraine fliehen, einschliesslich derjenigen aus Drittländern, die den gleichen Status wie die Ukrainer erhalten.
In der Schweiz folgen die Aufnahmekriterien einer segregatorischen Logik, die auf Herkunft, Religion und Rassifizierung der Menschen beruht, die Sicherheit suchen. Dies trotz der von der Schweiz unterzeichneten internationalen Verpflichtungen wie der Genfer Konvention und der Istanbul-Konvention, die seit 2018 in Kraft ist und eine „geschlechtersensible“ und nichtdiskriminierende Aufnahme- und Asylpolitik vorsieht.
Unsere Forderungen
- Wir appellieren an alle direkt und indirekt in den Konflikt in der Ukraine involvierten Parteien, die Russische Föderation, die Ukraine, die NATO, die EU und die Schweizer Bundesbehörden, alles zu unternehmen, um die Kriegshandlungen zu stoppen und den Konflikt auf diplomatischem Weg zu lösen.
- Die Schweiz und alle Länder müssen das Völkerrecht einhalten und auf seiner Einhaltung bestehen.
- Die Schweiz muss den Zusammenhang zwischen Schweizer Waffenexporten und gewalttätigen Konflikten anerkennen und Waffenexporte sofort vollständig stoppen.
- Die Schweiz muss ihre Aufnahme- und Asyl-Politik so ausgestalten, dass sie nicht zu indirekter und direkter Diskriminierung, Hierarchisierung und Kategorisierung führt.
- Die Schweiz muss ihre internationalen Verpflichtungen einhalten und Menschen, die aus der Ukraine, Somalia, dem Jemen, Syrien und anderen Ländern mit bewaffneten Konflikten fliehen, unbürokratisch aufnehmen.
- Die internationalen Verpflichtungen wie die UN-Resolution 1325 – Frauen, Frieden, Sicherheit, die den Schutz von Frauen in Konfliktsituationen und ihre Beteiligung an Konfliktprävention, Friedensprozessen und in Nachkriegssituationen fordert, müssen endlich umgesetzt werden.
- Die Schweiz hat gezeigt, dass eine menschenwürdige Aufnahme von Geflüchteten möglich ist. Menschenrechte für alle müssen auch jetzt Priorität haben.
Rede Stefan Salzmann, Klima-Allianz Schweiz, Fastenaktion
Wir durchleben bedrückende Zeiten: nach der Corona-Pandemie, die grad eine Pause macht, erleben wir den Ukraine-Krieg. Beides drängt die Klimakrise in den Hintergrund – dabei wäre die Lösung dieser auch ein Antwort auf den Krieg uns auf viel Unfrieden in der Welt.
Die Lösung der Klimakrise wäre nämlich einfach: wir stoppen die Nutzung fossiler Energien. Und stoppen damit nicht nur unsere Abhängigkeit von diesen Energieträgern, sondern auch die Finanzierung des Regimes von Vladimir Putin. Es sind die Einnahmen aus dem Verkauf fossiler Energien, die den Krieg in der UJkraine finanzieren. Und da spielt die Schweiz eine Rolle.
Wir verbrauchen fossile Energien: Ölheizungen sind weiterhin die am meisten verbauten Heizsysteme in der Schweiz – ca. 40% der Haushalte heizen mit Öl[1].
Rohstoffe werden über die Schweiz gehandelt. Rund 80% der Russischen Rohstoffe werden über die Schweiz gehandelt. Auch Russisches Öl und Gas. Es braucht eine Aufsichtsbehörde, die für mehr Transparenz und Sorgfalt in der Rohstoffbranche sorgen kann.
Der Finanzplatz investiert in fossile Energieförderung. Gemäss Klima-Masterplan Schweiz, einem Massnahmekatalog für ambitionierten Klimaschutz der Klima-Allianz, werden über den schweizerischen Finanzplatz das rund 22fache der inländischen CO2-Emissionen mitverursacht.
Die Klimakrise führt bereits heute zu Konflikten um Land oder Wasser, zu Flüchtlingswellen und Migration. Auch wenn die Gründe für bewaffnete Konflikte vielfältig sind – Ressourcenknappheit verschärft Spannungen. Konflikte um fruchtbares Land oder Trinkwasser nehmen dort zu, wo diese Ressourcen knapper werden. Die Klimaerhitzung ist ein Grund dafür, dass Ressourcen knapper und die Verteilungskämpfe intensiver werden. Eine Dürre von 2007-2010 hat in Syrien als Katalysator gewirkt und bestehende Spannungen verstärkt[2]. Seit 2010 versinkt Syrien in einem Bürgerkrieg.
Les personnes vivant dans la pauvreté sont les plus touchées, mais elles ne sont pas à l’origine du problème. Aux Philippines, les typhons sont de plus en plus violents et détruisent de plus en plus souvent les moyens de subsistance des personnes vivant sur les côtes de l’archipel. Au Laos, la production alimentaire souffre lorsque la saison des pluies est retardée. Les personnes – souvent des femmes – qui vivent dans des villages de montagne népalais doivent parcourir de plus en plus de kilomètres pour s’approvisionner en eau vers la fin de la saison estivale, car l’eau de fonte ne vient plus des montagnes situées au-dessus des villages.
C’est injuste. Car NOUS, Suisses, personnes à l’empreinte écologique importante dans tous les pays, nous nous débarrassons de nos déchets de CO2 dans l’atmosphère et ne faisons pas le ménage ! Dans notre propre jardin, nous n’accepterions jamais un tel comportement de la part de nos voisins.
Les 10% les plus riches de la population mondiale sont responsables d’environ 50% des émissions mondiales de gaz à effet de serre. Les 20% les plus riches génèrent 70% des émissions mondiales de gaz à effet de serre, tandis que les 50% les plus pauvres n’en génèrent que 10%.
Pourtant, il existe un lieu où l’on se rencontre régulièrement entre voisins du monde. Lors des conférences sur le climat, les délégations de tous les Etats se réunissent et discutent des possibilités d’éviter les déchets de CO2. Comme par exemple l’année dernière à Glasgow. Outre les succès des négociations, il faut critiquer beaucoup de choses du point de vue des personnes les plus touchées, celles qui vivent dans la pauvreté. La vitesse à laquelle la communauté mondiale décide des mesures à prendre est beaucoup trop lente.
Konferenzen wie die in Glasgow sind Bühnen für Staatsobehäupter. Sie verstehen diese zu nutzen und geben Versprechen ab, ohne die umzusetzen. Die in Glasgow beschlossene Initiative zum Stopp der Entwaldung ist ein Beispiel. Präsident Bolsonaro verkauft die Leistungen seiner Regierung als Beitrag zur Verlangsamung der Klimaerwärmung. Gleichzeitig tritt die brasilianische Regierung die Rechte Indigener Gemeinschaften mit Füssen, verdrängt die im Einklang mit der Natur lebenden Gemeinschaften aus ihren Territorien. Dabei sind es genau diese Gemeinschaften, die den Regenwald seit Jahrtausenden schützen und achten. Stattdessen werden CO2-Zertifikate verkauft, die es grossen Unternehmen erlauben, Pläne zu präsentieren wie sie klimaneutral werden. So kann zum Beispiel IKEA ab 2030 klimaneutral sein, ohne ihr Geschäftsmodell in Frage zu stellen und Holz-Ressourcen für Billig-Regale um die ganze Welt zu transportieren. Mangelhaft überprüfte Waldprojekte erlauben es, weiterhin fossile Energien zu verbrennen und den Stempel «klimaneutral» zu verwenden. So erreichen wir das Ziel nicht!
Wir fordern die PolitikerInnen auf, das Momentum zu ergreifen und konsequent aus fossilen Energien auszusteigen. Die Revision des CO2-Gesetzes sowie die Debatten zur Umsetzung der Gletscherinitiative sind zurzeit im Parlament traktandiert. PolitikerInnen können so einen Beitrag leisten, dem Krieg in der Ukraine wie auch der Klimaerhitzung die Mittel zu entziehen. Wir brauchen den konsequenten Ausstieg aus den fossilen Energien so schnell wie möglich. Unterschrieben sie dazu die Postkarte von Fastenaktion und HEKS an Bundesrätin Sommaruga. PolitikerInnen, die an der Dringlichkeit der Klimakrise zweifeln, sind aufgefordert, am 2. Mai an der Session mit KlimawissenschaftlerInnen des Weltklimarates teilzunehmen – Nationalratspräsidentin Irene Kälin und Bundesrätin Sommaruga haben zu diesem Anlass eingeladen. Es ist wichtig zu sagen – Klimapolitik hat keine politische Färbung! Der Klimawandel betrifft alle! Auch eine unabhängige neutrale Schweiz kann und muss ohne fossile Energieträger auskommen. Die Zeit drängt!