(Dieser Text wurde von Cora Dubach verfasst und im megafon, der Zeitung aus der Reitschule Bern, publiziert. www.megafon.ch)
Die Solikarte – eine Cumulus-Karte des Grossverteilers Migros, mit welcher wir gemeinsam für Nothilfebezüger_innen und Sans-Papiers sammeln. Die Idee, die Geschichte und wo man sie bestellen kann.
Steter Tropfen füllt das Becken? Oder wenn viele täglich eine kleine Spende tätigen, zeigen sie zusammengenommen ihre Wirkung? So ist unser Projekt Solikarte konzipiert. Die Idee ist simpel und überzeugend: Anstatt, dass jeder und jede Migroseinkäufer_in ein eigenes Cumulus-Konto eröffnet und für sich alleine beim täglichen Einkauf Punkte sammelt, die ihm/ihr im zweimonatigen Rhythmus in Form von Geldgutscheinen ausbezahlt werden, haben sich Freundinnen und Freundesfreunde, Bekannte und Bekannte der Bekannten dazu entschieden, gemeinsam auf einem Cumulus-Konto alle ihre Punkte zu sammeln. So wurden der Solikarte – eigentlich eine ganz normale Cumulus-Karte – immer höhere Beträge ausbezahlt. Die erhaltenen Einkaufs-Gutscheine wurden im Rahmen des Solidaritätsnetzes Ostschweiz an Nothilfebezügerinnen und Nothilfebezüger verteilt, die damit eine kleine Erleichterung ihres spartanischen Budgets von durchschnittlich 8 Franken täglich pro Perso, erlebten. Nun reicht es einer Familie beispielsweise auch für Windeln für ihre Tochter.
Von St.Gallen nach Bern und bald bis nach Genf
Die Solikarte fand ihren Weg von Hand zu Hand gereicht bis nach Zürich und Basel, wo sie in vielen Portemonnaies fleissiger (anonymer) Migros-Einkäufer_innen landete. Geplant war schon die Ausdehnung nach Basel und Luzern. Ein Informatiker begann eine Homepage aufzubauen, neue Flyer waren schon fast druckreif als uns ein wichtiger und grosser Player unverhofft einen Strich durch die Rechnung machen wollte. Die Mirgos drohte in einem Schreiben mit der Sperrung des Solikartenkontos, was ein Aus für unser gesamtes Projekt bedeutet hätte. Nach viel Engagement mit Herzblut, Zeitungsberichten und Öffentlichkeitsarbeit fanden wir uns am Verhandlungstisch mit der Migros wieder, wo wir uns auf ein Weiterbestehen der Solikarte einigen konnten. Das Projekt war gerettet.
Heute wird die Solikarte schweizweit verbreitet, immer noch meist von Hand zu Hand, über Freunde von Freundinnen, aber auch über Berichte in den Medien und Beilagen in Postversänden oder direkt über Bestellungen über unsere Homepage www.solikarte.ch.
Die Umsatzzahlen der Solikarte steigen stetig, füllen das Becken –momentan können etwa 5‘000 SFr. in Form von Migros-Gutscheinen pro Monat weitergegeben werden. Die Gutscheine werden auf die bis jetzt bestehenden Regionalgruppen in St. Gallen, Zürich, Aargau, Luzern, Basel, Bern, Tessin und demnächst auch in der Romandie ihrem Umsatz entsprechend verteilt, wo diese über bereits bestehende Organisationen, die im Asylwesen tätig sind, an Nothilfebezüg_innen und Sans-Papiers weitergegeben werden. So hat die Solikarte seit den ersten Anfängen im Jahr 2009 bereits über 20 000 Franken Gutscheine eingebracht.
Spenden und auch sensibilisieren
Doch die Solikarte ist leider lediglich ein Tropfen auf den heissen Stein. Sie vermag weder die aufgeheizte und fremdenfeindliche politische Debatte abkühlen noch die prekäre Lage von Nothilfebezüger_innen gänzlich lindern. Die Solikarte ist nur eine Art der Reaktion auf die heutigen Umstände, eine alltägliche und beiläufige während des täglichen Einkaufes. Sie darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Schweiz auf dem Gebiet der Asylpolitik weit mehr Engagement, Hinsehen, Nachfragen, Aufstehen, Unterschreiben von Nöten ist um dem so hochgejubelten humanitären Erbe der Schweiz gerecht werden zu können.
Die Solikarte sammelt nicht nur grosse Beträge, die aus vielen Kleinspenden zusammen kommen, sondern trägt auch dazu bei, dass Cumulus-Punktesammler und –sammlerinnen sich mit der Asyl und Migrationspolitik konfrontiert sehen, sich mit diesem Thema auseinanderstzen.
> Cora Dubach <