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Ostermarsch 2015

Unter dem Motto „Frieden schafft Raum – dem Frieden Raum schaffen“ fand gestern in Bern der traditionsreiche Ostermarsch statt.

Ostermarsch_Plakat_Druck

Bereits zum 13. Mal luden gestern Ostermontag die Kirchen sowie eine grosse Anzahl von Friedensorganisationen zum Ostermarsch in Bern ein. Gut 500 Personen spazierten friedlich vom Eichholz an der Aare auf den Münsterplatz. Sie riefen dabei zu mehr Solidarität mit Kriegsbetroffenen auf und forderten traditionsgemäss den Stopp von Schweizer Waffenexporten.

Anlässlich der Schlusskundgebung auf dem Münsterplatz erzählte der syrisch-palästinensische Flüchtling Ahmad Abo Alros auf berührende Weise von seiner Kindheit in einem syrischen Flüchtlingslager, seiner abenteuerlichen Flucht in die Schweiz und seinen Bemühungen, eine neue Heimat zu finden. Dabei illustrierte er eindrücklich, was es bedeutet, in einem Gebiet geboren zu werden, wo dem Frieden keinen Raum geschaffen wird.

Die Genfer GSoA-Sekretärin Amanda Gavilanes beleuchtete das Thema in ihrer Rede aus institutioneller Sicht und rief dazu auf, sich angesichts der aktuellen Bedrohungen durch Attentate, Konflikte und Terrorismus nicht von der Angst regieren zu lassen. Sie betonte, dass militärische Aufrüstung angesichts der Bedrohungen keine Antwort sein kann, denn wer Frieden möchte, sollte nicht aufrüsten. Sie appellierte für eine offene Schweiz, die mithilft dem Frieden Raum zu schaffen indem sie Waffenexporte ablehnt und sich offen zeigt für kriegsbedrohte Menschen.

Die Veranstaltung mit dem aktuellen Thema wurde aufgelockert durch die Berner Cumbia Band Los Vacios de Charly, die mit ihren lateinamerikanischen Rhythmen die Stimmung auflockerte und hervorragend zum Wetter passte.

Der Ostermarsch in den Medien

Der Ostermarsch wurde von den Medien gut aufgenommen. Insbesonders die Forderungen nach Abrüstung, Stärkung des Völkerrechts und Solidarität mit Fluchtbetroffenen stiessen auf viel Resonanz. Auch die Synthese, dass die Schweiz statt den Krieg zu planen den Frieden vorbereiten soll, wurde positiv aufgenommen.

Radio Télévision Suisse portraitierte in einem inhaltlich tiefgründigen Bericht den jungen GSoA-Aktivisten Timon Kuhn, der stellvertretend für die vielen jungen Leuten am Ostermarsch darauf aufmerksam machte, dass die Friedensbewegung weiterhin notwendig und sinnvoll ist:

https://tp.srgssr.ch/p/rts/embed?urn=urn:rts:video:6680779

Auch das Schweizer Radio und Fehrsehen berichtete über den Ostermarsch, und fragte, wo denn die Unterschiede zu den Ostermärschen während des kalten Krieges bzw. während dem Irakkrieg seien:

https://tp.srgssr.ch/p/srf/embed?urn=urn:srf:ais:video:fcd91e66-0a76-46af-9917-a0595670e779

Der Bund und die Berner Zeitung rückten jeweils die Solidarität mit Flüchtlingen ins Zentrum: „Etwa 450 Personen haben sich am Montag in Bern am traditionellen Ostermarsch beteiligt. Sie riefen unter anderem dazu auf, Solidarität mit allen Menschen auf der Flucht zu zeigen. Zudem müssten die Schweizer Waffenexporte gestoppt werden,“ so der Bund. Die Berner Zeitung BZ griff das diesjährige Motto auf: „«Frieden schafft Raum – dem Frieden Raum schaffen». Nur staatenübergreifende Regelungen könnten den Frieden sichern, schreiben die Veranstalter in ihrer Mitteilung. Deshalb müsse man das Völkerrecht stärken.“

Auch die Luzerner Zeitung griff den Schweizer Ostermarsch auf, und berichtete neben dem Internationalen Bodensee-Friedensweg auch prominent über uns.

Der Ostermarsch findet dieses Jahr am 21. April 2014 in Bern statt

Sicherheit Schaffen: Mit Bildung und Gesundheit statt Waffen

Aufgabe des Staates ist es, für die Sicherheit seiner Bevölkerung zu sorgen. Eine sichere Gesellschaft baut auf Bildung und Gesundheit für alle. Stattdessen will die Schweiz neue Kampfjets anschaffen und mehr Waffen exportieren. Waffen schaffen aber keine Sicherheit. Sie verbreiten Angst, zerstören und töten. Und sie dienen vor allem der militärischen Geschäftemacherei.

Deshalb sagen wir:

  • Ja zur Förderung von Aufgaben, die wahre Sicherheit bringen: Bildung, Gesundheit, Arbeit im Dienst des Gemeinwohls
  • Nein zur Anschaffung neuer Kampfjets
  • Nein zu Kriegsmaterialexporten

Programm:

13:00 Uhr Auftakt Eicholz an der Aare / Ostermarsch entlang der Aare

14:30 Uhr Schluskundgebung Münsterplatz mit Claudia Haydt (Informationsstelle Militarisierung)

Musik: Olgas Bagasch (Klezmer, Gipsy, Chansons)

Feines Essen und Trinken aus dem Jura!

Hier findest du den Flyer zum Verteilen und zum Aufhängen.

Noch 5 Tage bis zum Ostermarsch

Im Mai stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über die Finanzierung von 22 neuen Kampfjets für insgesamt 10 Milliarden Franken ab: 3 Milliarden für die Anschaffung und weitere 7 Milliarden für Unterhalt und Betrieb. Diese Verschwendung von Steuergeldern ist sicherheitspolitisch unsinnig und gesellschaftspolitisch verantwortungslos. Gleichzeitig müssen Gesundheits- und Bildungsinstitutionen an allen Ecken und Enden sparen. Anfang März hat das Parlament eine Lockerung der Kriegsmaterialexporte beschlossen.

Unter dem Motto „Sicherheit schaffen: Mit Bildung und Gesundheit statt Waffen“ nimmt der Ostermarsch 2014 diese aktuellen Themen auf. Der Ostermarsch setzt ein Zeichen gegen Aufrüstung weltweit und für Investitionen in wahre Sicherheit wie Bildung und Gesundheit. Waffen verbreiten Angst, zerstören und töten. Und sie dienen vor allem der militärischen Geschäftemacherei.

Claudia Haydt von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) aus Deutschland wird in ihrer Rede auf dem Münsterplatz aufzeigen, wer weltweit am meisten vom Handel mit Rüstungsgütern profitiert. Wieso Rüstungsgeschäfte besonders anfällig sind für Korruption. Und welche Trends hin zur Umstellung auf zivile Produktionen in der Rüstungsindustrie feststellbar sind.

Wir freuen uns, euch am Ostermarsch 2014 zu begrüssen.

Hier noch ein paar Fotos vom Plakataushang:

Ostermarsch 2014

„Wir müssen unsere Militärausgaben senken und unsere Rüstungsindustrie überdenken!“ Das forderten am Ostermontag 450 von Friedensaktivist/-innen mit einem friedlichen Spaziergang durch die Stadt Bern.

Für eine Gesellschaft, die in Bildung und Gesundheit investiert und gegen weitere Militärausgaben. Unter diesem Motto und mit wehenden Friedens-Fahnen spazierten 450 Frauen, Männer und Kinder vom Eichholz zum Berner Münster. Dort erwarteten die Marschierenden mitreissende Lieder der Klezmer-Gypsi-Chanson-Band Olgas Bagasch. Zwischen den östlich anmutenden Klängen meldete sich Claudia Haydt von der Informationsstelle Militarisierung aus Deutschland zu Wort. Sie zeigte auf, wer tatsächlich von den Kriegsmaterialexporten profitiert und wie Rüstungsbetriebe für friedliche Anliegen genutzt werden können. Die friedlich-festliche Stimmung und die schmackhafte Spezialtäten von einem jurassischen Bio-Hof rundeten den bewölkten Nachmittag ab.

Bereits zum 12. Mal trafen sich die Friedensbewegten am 21. April 2014 für den Ostermarsch. Auch der diesjährige Ostermarsch wurde in Zusammenarbeit von Kirchen und Friedensorganisationen organisiert und knüpfte an die Tradition an, am Ostermontag für Frieden und gegen Gewalt einzustehen.

In der Pressemappe finden Sie weitere Hintergrundinformationen.

Pressemappe

Bilder:

Ostermarsch 2013

Mit dem Motto „Hand in Hand – für eine faire Asylpolitik“ appellierte der Schweizer Ostermarsch 2013 an die Solidarität mit schutzsuchenden Flüchtlingen und mobilisierte 500 Friedensaktivist/-innen zum friedlichen marschieren durch die Stadt Bern.

Die Demonstrierenden auf der Kirchenfeldbrücke
Die Demonstrierenden auf der Kirchenfeldbrücke

Zum 11. Mal versammelten sich die Friedensbewegten am 1. April 2013 im Eichholz, um in einem friedlichen Marsch in Richtung Berner Münster zu spazieren. Mit einer engagierten Begrüssung bestärkte das Organisationskomitee die Teilnehmenden in ihrem Engagement für schutzsuchende Flüchtlinge. Musikalisch begleitet wurde der Auftakt durch den Mundart-Musiker Port Roh. Bei kühlen Temperaturen aber schönem Wetter und mit dem Anliegen keine weiteren Verschärfungen des Asylgesetzes zuzulassen, nahmen 500 Frauen, Männer und Kinder den Weg unter ihre Füsse.

Auf dem Münsterplatz begrüssten Najat Suleiman, Hassan Taha und Titus Bellwald die Spaziergängerinnen und Spaziergänger mit orientalischen Liedern aus Syrien. Es folgte Aldo Brina, Informationsbeauftragter Sektor Flüchtlinge vom Centre Social Protestant Genf. Er betonte, dass die prekäre Lage in den Heimatländern die Anzahl der Asylgesuche in der Schweiz bestimme. Eine Verschärfung fördere lediglich die lebensgefährlichen Bedingungen, unter denen die Menschen einreisen. Unterstützt wurde dieses Statement durch die persönliche Geschichte von Meral, einer Kurdin aus der Türkei. Vor 10 Jahren Haft bedroht, konnte die junge Frau dank dem Botschaftsverfahren sicher in die Schweiz gelangen. Andreas Cassee, Migrations- und Ethikspezialist, machte auf die massiven Einschränkungen für Kriegsdienstverweigerer aufmerksam. Menschen, die sich grössten Risiken aussetzen, um sich nicht an Gewalttaten eines Unrechtregimes zu beteiligen, sind durch die Asylgesetzrevision ohne Schutz.

Die friedliche Stimmung und die schmackhafte Verpflegung durch einen jurassischen Bio-Hof rundeten den Nachmittag ab. Auch der diesjährige Ostermarsch wurde in Zusammenarbeit von Kirchen und Friedensorganisationen organisiert und knüpfte an die Tradition an, am Ostermontag für Frieden und gegen Gewalt und Unterdrückung einzustehen.

Eine Auswahl an Bilder finden Sie hier:

«Wenn man Kämpfe nicht führt, wird es schwieriger»

Neue Wege-​Ge­spräch von Matt­hias Hui mit An­dreas Nufer

Das Re­fe­ren­dum gegen die vom Par­la­ment be­schlos­se­nen dring­li­chen Än­de­run­gen des Asyl­ge­set­zes ist im Ja­nuar 2013 ein­ge­reicht wor­den. Eine breite Ko­ali­tion von Jung­par­tei­en, Asyl­or­ga­ni­sa­tio­nen, Ba­sis­be­we­gun­gen und kirch­li­chen Grup­pie­run­gen hat in den letz­ten Mo­na­ten eine grosse Ar­beit ge­leis­tet. Über­zeu­gungs­ar­beit auch in den ei­ge­nen Rei­hen: Nicht we­nige Hilfs­wer­ke, grös­sere NGOs und die SP-​Ge­schäfts­lei­tung un­ter­stütz­ten die Er­grei­fung des Re­fe­ren­dums nicht, da sie in der Volks­ab­stim­mung eine Nie­der­lage be­fürch­ten; damit könn­ten ihrer Mei­nung nach die Ver­schär­fun­gen eine zu­sätz­li­che Le­gi­ti­ma­tion er­hal­ten und rechts­po­pu­lis­ti­sche Kräfte ge­stärkt wer­den. Nun kom­men aber auch diese Or­ga­ni­sa­tio­nen an Bord, der Schwei­ze­ri­sche Evan­ge­li­sche Kir­chen­bund etwa hat nun be­reits die Ab­leh­nung der Asyl­ge­setz­re­vi­sion be­schlos­sen.Wel­che Mo­ti­va­tion steht hin­ter der selbst­be­wuss­ten Er­grei­fung des Re­fe­ren­dums? Wel­che po­li­ti­sche Hal­tung führt die Asyl­be­we­gung dazu, Prä­senz zu zei­gen und mit dem Re­fe­ren­dum ein öf­fent­li­ches Forum zu schaf­fen? Gibt es al­len­falls sogar eine Spi­ri­tua­lität der Be­harr­lich­keit, des lan­gen Atems im Ein­satz für die Grund­rech­te? Sol­chen Fra­gen gehen die Neuen Wege im Ge­spräch mit An­dreas Nu­fer, Pfar­rer in Bern und seit Jah­ren en­ga­giert für eine so­li­da­ri­sche Mi­gra­ti­ons­po­li­tik, auf den Grund.

Das Gespräch von Matthias Hui mit Andreas Nufer ist im Magazin „Neue Wege“ erschienen. Lesen sie hier weiter.

Desertion darf kein Ausschlussgrund für Asyl sein!

Die GSoA unterstützt das Referendum gegen die erneute Verschärfung des Asylgesetzes aus mehreren Gründen. Der wichtigste ist der Ausschluss der Kriegsdienstverweigerung als Asylgrund.
Von Jo Lang, erschienen in der GSoA-Zeitung Nummer 152

Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in Syrien, wo die Desertionen die einzige Chance sind, den Despoten ohne Blutvergiessen zu stürzen, ist der Ausschluss der Kriegsdienstverweigerung als Asylgrund besonders grotesk. Hinter diesem Revisionspunkt steckt vor allem die SVP, insbesondere Christoph Blocher. Am 20. Dezember 2005 hatte die (inzwischen ins Bundesverwaltungsgericht überführte) Asylrekurskommission (ARK) ein Grundsatzurteil veröffentlicht, wonach die Bestrafung von Militärverweigerung und Desertion in Eritrea unverhältnismässig streng und deshalb als politisch motiviert einzustufen sei. Die betroffenen Personen seien deshalb als Flüchtlinge anzuerkennen. Das bedeutete eine Desavouierung Blochers und des Bundesamtes für Migration (BFM). In der Folge setzte die SVP massiv Druck auf, um diesen Entscheid über eine Gesetzesänderung auszuhebeln.

Die bundesrätliche Verschärfung…
Im Mai 2010 schlug der Bundesrat folgenden neuen Absatz 3 zu Artikel 3 des Asylgesetzes vor: «Keine Flüchtlinge sind Personen, die einzig wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.» Der Ständerat, der am 12. Dezember 2011 als Erstrat die Asyl-Revision beriet, unterstützte diese Verschärfung mit 24 : 14 Stimmen. Zur Kommissionsminderheit gehörte der CVP-Fraktionschef Urs Schwaller: «Erstens würde, das geht auch aus einem Schreiben des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge hervor, der vorgeschlagene Ausschluss von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren von der Flüchtlingseigenschaft eine Abweichung vom Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention darstellen, und das wäre im internationalen Kontext ein Alleingang.» Als zweitens zitierte Schwaller Aussagen von Bundesrätin Sommaruga aus der Kommission: «Das ist Politik im Symbolbereich» (weil die eritreischen Deserteure ohnehin nicht zurück geschickt werden können.)

… wird durch den Nationalrat zweifach verschärft
Die Sprecherin der Kommissionsmehrheit, Christine Egerszegi-Obrist (FDP), wies dann auf das Wörtchen «einzig» hin und sagte in diesem Zusammenhang, dass Desertion weiterhin ein Asylgrund sei, sofern wegen ihr «eine unmenschliche Behandlung» drohe. Der Nationalrat hat dann die bundesrätliche Bestimmung zusätzlich massiv verschärft, indem er das Wörtchen «einzig» strich. Andreas Gross (SP), der mit dem bundesrätlichen Vorschlag hätte leben können, führte am 13. Juni 2012 aus, was diese Streichung bedeutet: «Einer, der Wehrdienstverweigerer ist, hätte dann nicht mehr das Recht, um Asyl zu ersuchen, er könnte keinen Flüchtlingsstatus mehr erhalten. Die Bestimmung wäre, wenn Sie das Wort ‚einzig‘ streichen, völkerrechtswidrig und würde der Konvention widersprechen.»

Der Nationalrat setzte noch eine weitere Verschärfung durch: die Dringlichkeit der Änderung dieser Bestimmung. Diese ist, wie auch ein Gutachten des Justizdepartements ergab, eindeutig nicht vorhanden. Artikel 165 der Bundesverfassung lässt Dringlichkeit nur zu, wenn diese zwingend gegeben ist. Das trifft hier allein schon nicht zu wegen dem Umstand, dass Deserteure aus Eritrea ohnehin nicht zurückgeschickt werden können, das Gesetz in nächster Zeit also keine praktischen Folgen hat.

Militaristische Ideologie
Das Streichen des Wörtchens «einzig» sowie die völlig willkürliche Dringlicherklärung bestätigen, dass es bei dieser Verschärfung um Ideologie geht. Die Verachtung von Desertion gehört zu den Kerngehalten von Nationalismus und Militarismus. Kriegsverweigerung, die nie ein ausschliesslicher und ausdrücklicher Asylgrund war, wird nun ausschliesslich und ausdrücklich als solcher ausgeschlossen. Allerdings steht die Asylverweigerung für Kriegsverweigerer völlig im Einklang mit der Förderung der Kriegsmaterialexporte durch die gleichen Parteien und PolitikerInnen. Häufig tragen die helvetischen Kriegsmaterialien dazu bei, dass Menschen zur Flucht gezwungen werden.

Die Verachtung von Desertion ist verankert in den mentalen Tiefenstrukturen der bürgerlich-traditionalistischen Schweiz. Deshalb war die Schweiz das letzte Land, das Militärverweigerern, diesen sogenannten «Staatskrüppeln», einen Zivildienst zugestand. Wegen dieser engen Verknüpfung von Bürgerrecht und Wehrpflicht war das eidgenössische Männervolk das letzte, das die Frauen zu Bürgerinnen machte. Deshalb tut sich die Schweiz so schwer mit der Aufhebung der Wehrpflicht. Diese Schweiz, gegen die die GSoA vor 30 Jahren angetreten ist, trägt die Verantwortung für die Abschaffung der Desertion als Asylgrund.

Die GSoA-Kampagne gegen die Verschärfung des Asylgesetzes wird den militaristischen Stier bei den Hörnern packen. Wir werden die Verweigerung von Militär und Krieg als positive und politische Friedens-Aktionen darstellen. Deserteure schützen heisst den Frieden fördern.


Weitere Verschärfungen
Die Revision des Asylgesetzes führt zu weiteren Verschärfungen. Die schwerwiegendste ist die Abschaffung des Botschafts-Asyls. Das zwingt Flüchtlinge, den weiten und häufig gefährlichen Weg an die Schweizergrenze auf sich zu nehmen, um hier vielleicht Asyl zu bekommen. Besonders trifft diese Verschärfung Frauen und Kinder. Der Anteil von asylsuchenden Frauen ist in der Schweiz ein Drittel tiefer als in den Schweizer Botschaften.

Die Einweisung «renitenter» Flüchtlinge in Sonderzentren ist rechtsstaatlich fragwürdig, weil die Definition von «renitent» völlig willkürlich ist. Völlig undemokratisch ist die Dringlichkeit. Die Verfassung, welche diese nur zulässt, wenn die Massnahme «keinen Aufschub duldet», wird eindeutig verletzt.

Nicht nur Mauern

(Dieser Text wurde von Heiner Busch verfasst und im megafon, der Zeitung aus der Reitschule Bern, publiziert. www.megafon.ch)

Stetig mächtigerer Grenzschutz, Radar-, Drohnen- und Satellitenüberwachung sowie mehr und mehr Datenbanken: Die EU rüstet auf –dystopischer denn je.

Der kürzlich verstorbene Jakob Arjouni hat vor einigen Jahren eine satirische Negativutopie vorgelegt: Sein Roman «Chez Max» spielt im Jahr 2064. Ein Zaun schützt das mit Wohlstand und allen Fortschritten der Technik gesegnete «Eurasien» vor der Armut, der Gewalt und den Bürgerkriegen im Süden und natürlich auch vor illegalen Einwanderern, die den «Terrorismus» ins gelobte Land importieren könnten. In Eurasien ist es gängige Praxis, dass Verbrechen bereits im Vorfeld erkannt werden. Für das Ausschalten potenzieller Täter_innen und «illegaler» Immigrant_innen sorgt die staatliche Geheimorganisation «Ashcroft», für die Max Schwarzwald, die Hauptfigur des Romans, der Wirt des «Chez Max», arbeitet.
Satire hat das Recht auf Übertreibung, allerdings muten viele Elemente der Erzählung durchaus realistisch an. Nachdem die Mauern des Kalten Krieges gefallen sind, treten die Grenzen zwischen den reichen kapitalistischen Metropolen und der Peripherie umso deutlicher hervor. An einigen Stellen sind es in der Tat «Zäune», die die Trennlinie markieren. Ceuta und Melilla, die spanischen Außenposten in Afrika, sind seit Jahren durch mehrere Meter hohe Absperrgitter vom marokkanischen Umland getrennt. Griechenland lässt derzeit am Evros, dem Grenzfluss zur Türkei im Nordosten des Landes, eine weitere Mauer bauen. Solche militärisch geschützten physischen Barrieren machen den gewaltsamen Charakter der Grenze zwischen Europa und dem Trikont, die in den letzten Jahren tausende Menschenleben gekostet hat, offensichtlich.

Frontex
Über ein Grenzschutzkorps, wie es der damalige deutsche Innenminister Otto Schily im März 2001 gefordert hatte, verfügt die EU zwar (noch) nicht. Die Grenzschutzagentur Frontex, die im Oktober 2005 ihren Betrieb aufnahm und seither einen kontinuierlichen
personellen und finanziellen Ausbau erlebte, hat zwar formell nur «koordinierende» Funktion. Allerdings hat sie ebenso kontinuierlich an politischem Gewicht zugelegt. Sie testet und entwickelt neue Technologie. Sie verhandelt mit Pufferstaaten auf der anderen Seite der EU-Aussengrenzen. Vor allem aber leistet sie mit den von ihr koordinierten gemeinsamen Operationen der Schengener Grenzpolizeien einen zentralen Beitrag zur Abschottung der Grenzen.
Mit der neuen Frontex-Verordnung von 2011 erhielt die Agentur eine breitere personelle und technische Basis: Die Schengen-Staaten ordnen nun Grenzschützer_innen für jeweils ein halbes Jahr als «nationale Experten» an Frontex ab. Für die Aufstellung von Frontex-Unterstützungsteams bilden die nationalen Grenzpolizeien nun «Pools» von Beamt_innen, die innerhalb von dreissig Tagen für eine gemeinsame Operation aufgeboten werden können. Solche festen Kontingente gab es bisher nur für die «Soforteinsatzteams» (Rabits), die bis anhin aber nur einmal genutzt wurden – nämlich an der griechisch-türkischen Grenze. Ähnliches gilt bei der Ausrüstung. Auch hier müssen sich die Schengen-Staaten nun anhand eines Jahresplans verpflichten, Frontex Material zur Verfügung zu stellen. Zudem darf die Agentur nun in grösserem Masse selbst Ausrüstung anschaffen. Der Übergang zu permanenten gemeinsamen Operationen ist damit gewährleistet.

Eurosur
Auch mit dem Aufbau des Grenzüberwachungssystems «Eurosur», der bis 2014 abgeschlossen sein soll, wird Frontex mehr Macht gewinnen. Die Agentur wird künftig als eine Art Einsatzzentrale der nationalen Grenzschutzkoordinationsstellen dienen, in die in einigen Staaten auch militärische Apparate (etwa die Marine oder militärische Polizeien) eingebunden sind.
Das Überwachungssystem wird sich neben den mittlerweile üblichen Radarsystemen an den Küsten auch auf Positionsdaten aus Schiffsortungssystemen und Fischereiüberwachungszentren stützen. Nutzen will man aber auch Daten aus Drohneneinsätzen und der Satellitenaufklärung im Rahmen des EU-geförderten GMES- Projekts (Global Monitoring of Environment and Security). Satelliten erfassen grosse Teile der Erde und können daher auch Bilder von offener See und von Drittstaaten liefern, erklärte die EU-Kommission 2008 in ihrer Vorstellung des Projektes. Das tun sie aber nur beim Überflug des betreffenden Gebiets. Wegen der bis zu zwei Tage langen Zwischenzeiten hielt die Kommission den Rückgriff auf Satellitenbilder nur da für sinnvoll, wo kein sofortiges Handeln gefordert sei – bei vorher bestimmten, insbesondere bei weiter entfernten Gebieten. Drohnen brauchen Treibstoff und können nicht permanent fliegen. Sie seien anders als Satelliten geeignet, «Objekte» zu verfolgen und ständig Bilder zu liefern.

Noch mehr Datenbanken
Datenbanken bildeten seit den 70er Jahren schon im nationalen Rahmen den Hintergrund der Grenzkontrolle. Mit dem Schengener Informationssystem (SIS) entstand das erste supranationale polizeiliche Datensystem. Seit seiner Inbetriebnahme im Jahre 1995 handelte es sich kontinuierlich bei über 80 Prozent der darin gespeicherten Personen um «Drittausländer_innen », die zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben waren. Daran wird auch die Einführung des SIS der zweiten Generation nichts ändern.
Mit dem SIS II, das im März in Betrieb gehen soll, und dem Visa-Informationssystem (VIS), das Ende des Jahres weltweit allen Konsulaten der Schengen-Staaten zur Verfügung stehen wird, hält bei der Grenzkontrolle auch die Biometrie Einzug. Eine Technik, die noch in den 90er Jahren allenfalls dazu geeignet schien, den Zugang zu speziell zu sichernden Orten auf einige wenige Befugte zu begrenzen, soll nun für die Zugangskontrolle zu einem Kontinent sorgen. SIS II und VIS, die auf einer gemeinsamen technischen Plattform betrieben werden, unterstreichen den engen Zusammenhang zwischen der verpolizeilichten Ausländer- und Visumspolitik der EU einerseits und der in starkem Maße auf Ausländer_innen ausgerichteten Polizeikooperation andererseits. So werden die Konsulate das polizeiliche SIS II abrufen, während die Polizei sowohl bei Grenz- als auch bei Inlandskontrollen Zugang zum VIS erhält.
Die Verzögerungen beim Aufbau dieser beiden seit 2001 geplanten Systeme hält die EU nicht davon ab, weitere Datenbanken zu entwickeln. Im Rahmen ihrer «Smart-Borders»-Initiative soll unter anderem ein Ein- und Ausreise-Kontrollsystem (EES) entstehen. Im
Visier hat man dabei die so genannten Overstayers, also Leute, die zwar legal einreisen, aber nach Ablauf der Visumsfrist oder der üblichen 90 Tage visumsfreien Aufenthaltes
bleiben. Alle «Drittausländer_innen» sollen bei ihrer Einreise mit ihren Fingerabdrücken erfasst werden. Wird die Ausreise nicht in der vorgesehenen Frist registriert, soll das EES dann einen Alarm ausgeben.

Die Grenze ist überall
Das Bild der «Festung» taugt nur begrenzt für die Beschreibung der neuen europäischen Grenzen. Diese sind eben nicht nur Mauern auf einer bestimmten Linie. Sie beginnen weit davor. Nachbarstaaten werden als Pufferstaaten genutzt. In den 90er Jahren waren es Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn, die sich in die Kontrolle und Überwachung ihrer Westgrenzen einbinden ließen. Heute haben die Ukraine im Osten und die Türkei im Südosten diese Funktion übernommen. Und auch die Mahgreb-Staaten haben es trotz des arabischen Frühlings nicht geschafft, sich aus dieser Rolle zu befreien.
Zugleich hat die Abwehr unerwünschter Immigrant_innen und Flüchtlinge eine Vergrenzung des Inlands bewirkt: Sie zeigt sich zum Beispiel in «verdachts- und ereignisunabhängigen» Kontrollen, die auch das Grenzwachtkorps betreibt, seit die Schweiz der Schengen-Gruppe beigetreten ist.
Arjounis Jahr 2064 hat schon begonnen, nur ist es nicht so komisch wie im Roman.

> Heiner Busch <